Silvia Kraus | Street1 |

Das breite Arbeitsspektrum für Auszubildende im EPI WohnWerk

Pflegerische Situation im EPI WohnWerk



Die Betreuung von Erwachsenen mit komplexen Beeinträchtigungen (kognitiv, psychisch, Mehrfachbehinderungen und herausfordernden Verhaltensweisen) verlangt eine aussergewöhnliche Kombination aus Flexibilität, Einfühlungsvermögen und Reflexionsfähigkeit. Hinzu kommt, die Fachlichkeit sowie ein professionelles Dienstleistungsverständnis in Verbindung mit einer personenzentrierten Haltung. Ob es darum geht, auf unvorhersehbare Gruppendynamiken zu reagieren oder die eigenen Handlungen kritisch zu hinterfragen – die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des EPI WohnWerks navigieren durch eine komplexe und emotionale Arbeitswelt, die ständig neue Herausforderungen und berührende Momente bereithält.



Im EPI WohnWerk finden Erwachsene mit komplexen Beeinträchtigungen ein Zuhause und eine Arbeit, meist auf Lebzeiten. Bei vielen der Bewohnerinnen und Bewohner spielt die Epilepsie eine bedeutsame Rolle in ihrem Leben, jedoch betrifft dies nicht alle. Die Bandbreite der Diagnosen ist so vielfältig wie die individuellen Lebensgeschichten. Diese Vielfalt stellt sowohl eine faszinierende Facette der Arbeit im EPI WohnWerk dar, kann aber auch zu herausfordernden Situationen führen.


Das EPI WohnWerk unterhält drei Wohnhäuser für rund 200 Bewohnerinnen und Bewohner, welche auf Unterstützung im Alltag angewiesen sind. In den Werkstätten und Tagesstätten erhalten sie eine geregelte Tagesstruktur und eine sinnstiftende Tätigkeit. Rund 365 Mitarbeitende setzen sich täglich für die Bewohnerinnen und Bewohner sowie Klientinnen und Klienten ein und begleiten sie in ihrem Alltag.


Jenseits der Routine: Die Komplexität sozialer Arbeit und ihre Herausforderungen

Die Arbeit stellt an Mitarbeitende, welche mit Menschen mit Beeinträchtigung tätig sind, diverse Anforderungen. Zum einen muss eine Person eine sehr hohe Flexibilität mit sich bringen, da unvorhersehbare Ereignisse die Abläufe jederzeit ändern können und die Prioritäten an die Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner immer wieder neu gesetzt und angepasst werden müssen. Des Weiteren muss eine Person Freude haben im täglichen Umgang mit Menschen mit Beeinträchtigung. Einfühlungsvermögen und Geduld sind hier Voraussetzung. Eine weitere sehr wichtige Grundvoraussetzung ist die eigene Reflexionsfähigkeit. Denn Mitarbeitende, welche mit Menschen mit Beeinträchtigung arbeiten, müssen sich kontinuierlich mit ihrem eigenen Verhalten auseinandersetzen, dieses reflektieren, und überlegen, wie sie ihre Interaktionen verbessern können. Eine Voraussetzung dafür ist die eigene Stabilität und Professionalität in Verbindung mit den verschiedenen Fachdisziplinen bei pflegerischen, agogischen oder medizinischen Themen. Die Bedürfnisse der Bewohnenden stehen dabei stets im Mittelpunkt, unabhängig von der eigenen Tagesverfassung.


Ein Blick auf die Reflexionsfähigkeit in der Praxis

In den Einrichtungen des EPI WohnWerks erleben wir täglich eine Vielfalt an Herausforderungen und dynamischen Situationen. Die EPI Mitarbeitenden müssen sich kontinuierlich auf die individuellen Besonderheiten der Bewohnerinnen und Bewohner einstellen und ihren kognitiven Fähigkeiten entsprechend kommunizieren.


Um sich zu reflektieren, können folgende Fragen relevant sein: Wie habe ich in dieser bestimmten Situation reagiert? Welche Auswirkungen hatten meine Handlungen auf das Verhalten der Bewohnerinnen und Bewohner? Was hätte ich anders machen können?


Selbstreflexion ist anspruchsvoll, insbesondere für junge Lernende, die hierfür bereits mit 16 Jahren eine bemerkenswerte Reife an den Tag legen müssen. Dabei werden sie in ihrer alltäglichen Arbeit von ihren Berufsbildnerinnen und Berufsbildnern und ihren Teams unterstützt. Zum Einsatz kommen hier beispielsweise Lernjournals, welche sie in ihrer Arbeit und Reflexion unterstützen sollen.


Im Spiegel der Begegnung: Ein Szenario der Selbstreflexion

Ein typisches Szenario verdeutlicht die Komplexität der Arbeit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im EPI WohnWerk: Schon beim Betreten eines Raums ist es wichtig, die Stimmungen der Bewohnenden zu erfassen und die Gruppendynamik zu erkennen, um die Interaktionen entsprechend anpassen zu können. Denn schon die blosse Anwesenheit beeinflusst die Dynamik im Raum und ruft verschiedene Reaktionen hervor.


Sandra-Ann Illgen, Berufsbildungsverantwortliche, schildert hierfür ein Beispiel: «Ein Gespräch mit einer Bewohnerin oder einem Bewohner kann unerwartete Reaktionen in der Gruppe hervorrufen. Wenn zum Beispiel ein Bewohner über seine Mutter sprechen möchte und andere Bewohnende dies hören, kann dies bewirken, dass sie sich angesprochen fühlen und glauben, ihre eigene Mutter sei gemeint, da sie in diesem Moment nicht verstehen, dass der Mitarbeitende nicht mit ihnen spricht. Dadurch kann sich ein weiterer Leistungsbedarf ergeben, der zuvor nicht vorhanden war und entsprechende Reaktionen bei den betreuten Personen auslösen. Diese Dynamik macht die Arbeit sehr herausfordernd und die alltägliche Betreuung anspruchsvoll.»   




Ausblick auf eine tolle und sinnstiftende Arbeit

Insgesamt ist die Arbeit im EPI WohnWerk weit mehr als nur Betreuung und Unterstützung. Sie erfordert eine tiefgehende Auseinandersetzung mit dem eigenen Selbst, der eigenen Haltung und den eigenen Werten, ausserdem Sensibilität für die Bedürfnisse von Menschen mit Beeinträchtigung und die Fähigkeit, sich in einem dynamischen und interdisziplinären Umfeld flexibel anpassen zu können.


Interessiert an einer Ausbildung oder an einer Festanstellung bei uns in der Schweizerischen Epilepsie-Stiftung im EPI WohnWerk? Auf unserem Stellenportal finden Sie die passende Stelle für sich.


Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geben Einblicke in ihren Berufsalltag. Entdecken Sie hier ihre persönlichen Eindrücke und Geschichten.



André Thürig
André Thürig

André Thürig
Leiter EPI WohnWerk

Leiter Bildung ad interim

Tel. +41 44 387 64 00

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